Wahlprüfsteine „Zukunftswahl Dresden“

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1. Was ist Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung für Dresden in der Zukunft?

Dem Klimawandel zu begegnen ist DIE zentrale Aufgabe unserer Zeit. Dresden muss bis 2035 Klimaneutralität erreichen, dies ist nicht verhandelbar. 2020 rief der Stadtrat deshalb auf meine Initiative hin den „Klimanotstand“ aus. Leider ist zwischenzeitlich nicht genug geschehen, um Klimaschutz in unserer Stadt effektiv voranzutreiben. Mit mir als Oberbürgermeister wird sich das ändern! Mit oberster Priorität werde ich die Dekarbonisierung der SachsenEnergie (ehem. DREWAG) durchsetzen. Nur eine solche Umstrukturierung kann mittel- und langfristig die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens sichern. Mit einem kommunalen Solarprogramm werde ich darüber hinaus die Energieerzeugung in unsere Stadt bringen – jedes Dach ohne Solarnutzung ist Verschwendung!

2. Was muss getan werden, damit Dresden ein gesundes, lebenswertes und gemeinschaftsförderndes Wohnumfeld bietet - insbesondere für weniger mobile Menschen, wie Kinder und Senior*innen?

Diese Ziele erreicht man mit einer verkehrsberuhigten und entschleunigten ‚Stadt der kurzen Wege‘. Hier gilt es anzusetzen: Grünoasen und Grünzüge schaffen, Aufenthaltsqualität steigern, Durchwegungen öffnen, autofreie Straßenzüge und Stadtteile schaffen.

3. Wie werden die Dresdner*innen in der Zukunft mobil sein - als Einzelpersonen, mit Kindern, bei Einkäufen und Lastentransporten?

Der Modal-Split muss sich deutlich zugunsten des Umweltverbundes verschieben – oder: mehr Fuß-, Rad- sowie Bus- und Bahnverkehr statt Autos. Hierzu muss die Politik die Rahmenbedingungen sowie ihre Förderungs- und Subventionspolitik massiv ändern. Schon durch Abschaffung der Privilegien für den Autoverkehr würden Milliarden frei, welche man z. B. für Bus und Bahn ausgeben könnte. Auf kommunaler Ebene muss das Geld statt für Auto-Straßen in Radinfrastruktur, schöne Plätze und sichere Fußwege ausgegeben werden. Ziel muss sein, alle nicht notwendigen Wege umweltfreundlich zu gestalten – damit sind die verbliebenen Straßen auch frei für die dann noch notwendigen Fahrten. Wichtig ist mir, dass in Innenstädten Elektroautos keine Lösung sind, da auch sie enorm viel Stadtraum verbrauchen.

4. Wie wollen Sie die Wirtschaft Dresdens zukunftsfähig machen - und damit auch die langfristigen wirtschaftlichen Perspektiven der Dresdner*innen erhalten?

Schon jetzt erleben wir enorme Nachteile durch den bislang absichtlich verzögerten Umstieg auf erneuerbare Energien. So hat Infineon sich u. a. gegen Dresden entschieden, da Dresden schlicht zu wenig Ökostrom anbieten kann. Auch die aktuelle Situation bei den Gas- und Dieselpreisen zeigt uns überdeutlich, dass ein schnellerer Umstieg in der Vergangenheit uns jetzt bares Geld sparen würde. Um die ‚Wirtschaft Dresdens‘ zukunftsfähig zu machen, ist preiswerte und preisstabile Energie notwendig. Hierfür ist ein massiver Ausbau von Solar- und Windenergie unabdingbar. Dafür muss die SachsenEnergie AG zur zentralen Energiedienstleisterin in Dresden werden. Dies bedeutet, dass sie nicht nur Energie in Form von Wärme und Strom verkauft – sondern vielmehr auch in Dresden produziert. Hierzu sind zunächst die Solarpotentiale (Photovoltaik und Wärme) auf den kommunalen Dach- und Fassadenflächen auszuschöpfen. Gleichzeitig müssen Kooperationen mit privaten Immobilienbesitzer·innen über Ernergieerzeugungsverträge geschlossen werden. Warum ist es normal, dass man für den Bezug von Wärme und Strom einfach einen Vertrag unterschreibt und die SachsenEnergie sich selbstverständlich um Leitung, Zähler und Abrechnung kümmert – dies aber bei der Erzeugung von Energie nicht der Fall ist? Jedes Dresdner Dach und jeder Dresdner Balkon sollte über die SachsenEnergie die Möglichkeit bekommen, Teil der Energieproduktion zu werden.

5. Wie wollen Sie alle Bürger*innen Dresdens, aber auch die Wirtschaft in der sozial-ökologischen Transformation der Stadt mitnehmen?

Die Wirtschaft hat in größeren Teilen schon erkannt, dass eine Transformation hin zu erneuerbaren Energien und verbrauchssenkenden Maßnahmen als ‚Nebeneffekt‘ nachhaltig die lokale Wirtschaft stärkt. Erstens kurzfristig durch die hierfür nötigen baulichen Tätigkeiten, welche notwendigerweise von lokalen Firmen ausgeführt werden. Zweitens aber auch mittel- und langfristig, da mehr und mehr Geld in Dresden verbleibt, da es nicht für Energieimporte ausgegeben werden muss. Um die Bürger·innen Dresdens ‚mitzunehmen‘, müssen die Worte ‚Climate justice is social justice‘ ernst genommen werden. Solange es fast 10.000 € Subvention für 2,5t Hybrid-SUVs gibt – aber keine Förderung für Lastenräder oder Pedelecs, solange der ÖPNV nicht auch für alle leistbar ist – aber die A4 für über eine Milliarde € ausgebaut wird, solange wird das Märchen ‚Klimawende macht alles teuer‘ weitererzählt werden können. In Wahrheit sind erneuerbare Energien längst konkurrenzfähig und lassen sich wirtschaftlich betreiben – sie wurden und werden nur politisch blockiert (z. B. Windradverbot in Dresden). Wenn die Bürger·innen Dresdens im eigenen Leben merken, dass eine Welt mit Erneuerbaren Energien ihnen deutliche Vorteile bringt, dann werden es alle nicht nur wollen, sondern aktiv einfordern.

6. Ist für Sie Wachstum z. B. der Stadtbevölkerung wichtig und kann Dresden dauerhaft wachsen?

Wichtig ist mir eine kurz-, mittel- und langfristige positive Perspektive Dresden. Hierzu gilt es, die Zukunft korrekt einzuschätzen, damit heute schon die Weichen für morgen gestellt werden können. Bei der Anzahl an Menschen in Dresden bieten sowohl steigende als auch fallende Trends positive wie negative Effekte. Die Anzahl der Menschen in Dresden wächst seit 2020 nicht mehr, sodass ich in den nächsten Jahren eher mit einer stagnierenden Einwohnendenzahl rechne.

7. Was muss in den strategischen Ansätzen und in der Verwaltung verändert werden, damit eine klimaneutrale Stadt schnell Realität wird?

Die Oberbürgermeister·in muss pushen – und nicht wie bisher bremsen. Als Aufsichtsratschef·in der SachsenEnergie AG und als Chef·in der Verwaltung hat sie alle Fäden des Handelns in der Hand. PS: Hilbert hat die Resolution „Klimanotstand“ nicht mitgetragen.

8. Was kann Dresden sofort und langfristig tun, um in den massiven globalen ökologischen und sozialen Krisen Verantwortung zu übernehmen?

„Think global – act local“ – Krisen muss man solidarisch begegnen. Wenn das Leid in der Welt bis nach Dresden kommt, so müssen wir hier als Gemeinschaft auch lokal handeln. Ich bin daher auch sehr froh, dass es nach gefühlt hunderten Anläufen endlich gelungen ist, Dresden zum Sicheren Hafen zu erklären. Dies müssen wir nun mit Leben füllen. Was man noch tun könnte, um Verantwortung zu übernehmen: Meiner Generation erklären, dass ihr Verhalten und der Glaube an unendliches Wachstum auf dem Rücken der Natur und der Menschen auf der anderen Hälfte des Erdballs uns erst in diese Katastrophen (Plural!) geführt hat.

9. Welche fünf konkreten Projekte wollen Sie vorrangig in der nächsten Amtszeit vorantreiben?

Meine fünf konkreten Herzensprojekte sind:

  • Die Sanierung der Königsbrücker Straße im Bestand. Bei dem heutigen und zukünftigen Auto-Aufkommen (11.000 Kfz/Tag) darf man nicht i. T. vierspurig ausbauen. Im Bestand sind wir inklusive Planung und Bauzeit in drei Jahren fertig. Die Bahn bekommt ihre neuen Abstände, die Radfahrenden Asphalt und die breiten Fußwege sind zum Flanieren bzw. für die radelnden Kinder da. Vor allem aber können die jetzigen 121 z. T. sehr großen Bäume stehen bleiben. Durch Nachpflanzungen an den heute verwaisten Baumstandorten wird die historische, vierreihige Baumallee den einstigen Boulevardcharakter dieser Straße wiederentstehen lassen. Dies wird das Beispiel sein, welches in der Verkehrsplanung in Dresden für einen Paradigmenwechsel sorgen wird: Unser Ziel muss sein, schöne Straßen zu planen, auf denen sich urbanes Leben entwickeln kann. Ziel darf nicht mehr sein, möglichst viel (Auto-)Verkehr möglichst schnell durch zu leiten. Somit wird es dann auch viel einfacher werden, die anderen noch drohenden Bausünden – z. B. eine sechsspurige Nürnberger Straße, eine vierspurige Kesselsdorfer Straße – zu verhindern.
  • Ich werde „Fahrradinfrastruktur“ in Dresden neu definieren. Radinfrastruktur ist mehr als Radbügel und weiße Linien. Radinfrastruktur sind Rad-Brücken, Rad-Schnellwege, Rad-Tunnel. Mit Fahrradinfrastruktur lässt sich auch viel Geld im Haushalt einsparen: erstens da es hier bis zu 90% Landesförderung gibt und zweitens, da man vieles an sündhaft teurer Autoinfrastruktur einsparen kann.
  • Ich werde die Ungleichbehandlung von Mädchen bei der Förderung mit kommunalem Geld beenden. Es ist nicht einzusehen, warum z. B. Jungs eine exzellente und elitäre Ausbildung im Kreuzchor und im Kreuzgymnasium erfahren dürfen – Mädchen aber nicht. Wichtig: Ich rede nicht davon, dass Mädchen im Kreuzchor singen – ich rede davon, dass Mädchen in gleicher Weise gefördert werden (und z. B. einen eigenen, weltbekannten Chor aufbauen). Daneben bin ich sehr froh, dass ich aus dem Umfeld von Dynamo Signale empfangen habe, dass der Verein nach einer Stadtratsinitiative von mir zumindest über Mädchen-/Frauenfußball nachdenkt.
  • Ich werde einen öffentlichen Diskurs anstoßen, wie der Dresdner Zoo in einen Zoo der Zukunft transformiert werden kann. Ich persönlich bin der Meinung, dass man Wildtiere generell in Zoos nicht halten darf. Leider ist mein Antrag, dass neue Affenhaus nicht zu bauen und die Menschen-Affen in eine Auffangstation abzugeben gescheitert. Über eine öffentliche Diskussion hoffe ich, dass die Gesellschaft bereit ist, umzudenken.
  • Ich liebe Bürger·innenbeteiligung! Leider wird sie – trotz vollmundiger Versprechungen – viel zu wenig angewandt. Dies liegt vor allem an dem Unwillen der Verwaltung, welcher wiederum an fehlendem Geld im Haushalt liegt, was wiederum daran liegt, dass der Stadtrat nie mehr Geld bewilligt. Als Oberbürgermeister werde ich genügend Mittel für Bürgerbeteiligung in den Haushalt einstellen und die Verwaltung so umgestalten, dass Bürgerbeteiligung stets mitgedacht wird. Bürger·innenbeteiligung ist nicht teuer – man muss es nur machen.

Hier können die Antworten der Kandidat*innen als PDFs herunter geladen werden:
Albrecht Pallas
André Schollbach
Dirk Hilbert
Dr. Martin Schulte-Wissermann
Eva Jähnigen